Di002
Datum: | 14.02.2015 |
Dauer: | 9h |
Spielleiter: | Björn |
Spieler: | Dietmar M.: KenTaiDi (XD Gr1), Ferry: WenDschünDi (Ma Gr1), Dietmar G.: TsuYoschiDi (Hj Gr2) |
Szenario: | Bester Ginseng aus Yü (Björn Rabenstein) |
Beginn (Spielwelt): | 04.12.2392 |
Ende (Spielwelt): | 19.11.2400 |
Inhaltsverzeichnis
Realwelt
Spielwelt
Aufzeichnungen des KenTaiDi
Epilog
DiFang
Niemand benutzte das Tor. Ming konnte ihm das bestätigen. Und der wußte es von BaiSseYuen.
Wie konnte das sein? War sein Geheimnis immer noch ein Geheimnis?
Die Xuan würden doch hemmungslos versuchen, aus dem Tor Kapital zu schlagen. Der SaMurai, der den maskierten Kämpfern der Weißen Orchidee entkommen war, mußte verunglückt sein, so daß er seinen Herren nie Bericht erstatten konnte. „Vielleicht hat ihn ein YamaOni erwischt“, dachte er mit einem fatalistischen Grinsen im Gesicht.
Und die Weiße Orchidee? Ihre Orchideenklingen hatten gleich mehrere Leute im Tor verschwinden sehen. Möglicherweise konnten sie sogar das Schlüsselwort aufschnappen, als die Gebrüder Di das Tor umgepolt hatten. Aber vielleicht war die Weiße Orchidee weise genug, ihr Wissen nicht voreilig zu nutzen. Vielleicht hoben sie es sich für einen besonderen Anlaß auf.
Bliebe noch LonMen. Gut möglich, daß der einfach zu feige war, daß ihm nach dem Erlebten klar war, daß dies alles eine Nummer zu groß für ihn war. Und so hielt er einfach die Klappe und kam nie wieder zurück ins Schattental.
Hieße das nun, daß er einfach weitermachen könnte wie bisher? Wohl eher nicht, denn sobald die Xuan mitbekämen, daß er wieder im Geschäft sei, würden sie ihm genauso nachstellen wie damals.
In KuenKung wollte er aber auch nicht bleiben. Hundertzwanzigtausend Menschen auf einem Fleck! In einem Umkreis um ihn herum, in dem er normalerweise keinen einzigen auf längere Zeit tolerieren könnte.
Aber die Welt war so groß und weit, mit viel freiem Platz. Mit seinen Ersparnissen könnte er sich so einiges an Reisen leisten. Und nebenbei könnte er als Handlungsreisender für Ming tätig sein. Nur auf!
MuLanLun
Die Literatur zu YamaOni zu sichten war einfach gewesen. Es gab einfach nicht sonderlich viel davon. Es war unklar, ob YamaOni sich nun wirklich nur dadurch fortpflanzen konnten, daß sie sich einen menschlichen Geliebten nahmen. Sicher war nur, daß sie es taten, und zwar sowohl die weiblichen YamaUba wie die männlichen YamaOtoko. Aber die Anzahl an zweifelsfrei dokumentierten Fällen war klein: Zwei betreffend YamaUba und immerhin sieben betreffend YamaOtoko.
Die Dunkelziffer bei YamaUba war sicherlich groß. Wie häufig hatte wohl schon eine YamaUba einen Menschenmann verführt und sich sogleich nach der Liebesnacht aus dem Staub gemacht, ohne daß der Mann jemals erfahren hätte, mit wem er es da zu tun gehabt hatte? Die zwei dokumentierten Fälle waren jeweils an das Licht der Wissenschaft gelangt, weil die betreffende YamaUba später samt ihres Kindes aufgespürt worden war.
Wenn ein YamaOtoko eine Menschenfrau schwängerte, war das naturgemäß eher zu bemerken, wobei die Fälle aussortiert werden mußten, bei denen eine Frau von übelmeinenden Mitmenschen lediglich beschuldigt wurde, sich mit einem YamaOtoko eingelassen zu haben. Einem abergläubischen Zeitgenossen mochten schon blaue Augen bei einem Säugling Anlaß genug für solche Anschuldigungen gewesen sein. Konzentrierte man sich also auf die eindeutigen Fälle, dann blieben die schon erwähnten sieben. Bei vier von ihnen entführte der YamaOtoko seine Geliebte schlicht und einfach. In den anderen drei wuchs der Säugling als Kuckuckskind unter den Menschen heran.
Unabhängig davon, ob nun der Vater oder die Mutter ein YamaOni war, wurden die Kinder in normaler Menschengestalt geboren. Nur die blauen Augen und ein leicht rötlicher Schimmer der Haare wies auf ihre Andersartigkeit hin. Die YamaOni-Kinder entwickelten sich dann aber deutlich schneller als Menschenkinder, aßen mehr und zeigten bald außergewöhnliche Körperkräfte und ein überaus aggressive Verhalten. Etwa ab dem achten Lebensjahr machten sich erste bestialische Anzeichen bemerkbar, wie längere Eckzähne und krallenartige Fingernägel. Im Falle von Kuckuckskindern versuchte der YamaOtoko etwa zu diesem Zeitpunkt, sein Kind zu entführen, um es fortan selber aufzuziehen. Die weitere Entwicklung war deutlich schlechter dokumentiert, aber man konnte davon ausgehen, daß bis zum fünfzehnten Lebensjahr die Umwandlung in einen vollwertigen YamaOni abgeschlossen war, während sich aber gleichzeitig die Fähigkeit, magisch eine normale Menschengestalt anzunehmen, herausbildete.
Jegliche Versuche, einen heranwachsenden YamaOni zu zähmen, waren gescheitert. Beim bislang vielversprechendsten Versuch war dem jungen YamaOni ein Trank verabreicht worden, der seine Gier nach Menschenfleisch besänftigen sollte. Der Trank hatte zwar an sich die gewünschte Wirkung, seine langfristigen Nebenwirkungen bereiteten dem YamaOni-Kind aber einen langsamen, qualvollen Tod.
Was sollte MuLanLun nun mit KaiLi tun? Seine Mutter war in ihrem Kummer dem Wahnsinn nahe. Sie hatte trotz der überwältigend eindeutigen Untersuchungsergebnisse die Wahrheit immer noch nicht akzeptiert und konnte bei der Entscheidung nicht behilflich sein. Ihr das Kind und die beiden sich selbst zu überlassen würde unweigerlich zur Katastrophe führen. MuLanLun mußte davon ausgehen, daß eine Wiederholung der Behandlung mit Tränken trotz aller Mühen auch wieder nur mit dem qualvollen Tod des Kindes enden würde. So beschloß sie, die Angelegenheit der Gerichtsbarkeit zu übergeben. Richter Di war seit einigen Jahren im Amt und hatte sich einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Wenn jemand ein weises und gerechtes Urteil fällen konnte, dann er.
Und so fällte Richter Di ein Urteil. Aus juristischer Sicht war der Fall sehr einfach. Ein über zweihundert Jahre alter kaiserlicher Erlaß regelte den Umgang mit YamaOni-Kindern kurz und bündig. Bei derart eindeutigen Anweisungen hatte auch ein Richter Di nur wenig Interpretationsspielraum. Der im Gerichtssaal vorgenommene Test mit Iriswurzeln und Wermutkraut bewies ganz offiziell, daß KaiLi ein YamaOni war. Da er mit seinen Taten noch keine Schuld auf sich geladen hatte, verurteilte Richter Di ihn zum sanftest möglichen Tod. Ihm wurde ein starkes Narkosemittel eingeflößt, und dann wurde er auf ein Bett aus Wermutkraut gelegt, von dem er sie nie wieder erheben würde.
MeiHuaLi
Sie hatten ihr Kind ermordet! Eine Untersuchung hatten sie versprochen, eine Heilung im Bedarfsfalle. Aber dann hatten sie es der Staatsgewalt ausgeliefert, und die hatte es ermordet.
Und dann hatten sie sie auf dieses Schiff gesetzt, das sie nach OnchiRa zurückbringen sollte.
Das Schiff rauschte durch die Nacht. MeiHuas rot geweinte Augen blickte über die Reeling ins dunkle Wasser, dessen Gott KuTuh war. Man sagte, die jungen Frauen, die die Priester des KuTuh ihrem Gott opferten, würden in der Tiefe der See von Ungeheuern geschwängert. „So ist es also dem Gott gefällig, sich von Ungeheuern schwängern zu lassen? Ist das KuTuhs Ruf?“ Eine kurze entschiedene Bewegung reichte aus, und schmatzend empfingen sie KuTuhs kalte Arme.
Erst viel später bemerkten die Matrosen das Fehlen eines Passagiers.
Yao
Vier Jahre lang hatte er sie nicht mehr besucht. Kai war groß und kräftig geworden. Zu groß und zu kräftig. Er wußte, sie würde Fragen stellen. Und wenn sie Antworten auf diese Fragen bekäme, dann wäre alles aus.
Aber irgendwann würden auch andere Verdacht schöpfen. Irgendwann würden sie Kai etwas antun. Die Zeit war gekommen, er mußte Kai holen. Vielleicht würde MeiHua auch mitkommen. Aber er wollte sie nicht zwingen. Niemand sollte seiner geliebten MeiHua mehr zu irgendetwas zwingen. KwanLi hatte sie schon zu lange gezwungen.
Yao näherte sich OnchiRa in der Nacht, in Menschengestalt. Vorsichtig öffnete er die Hintertür, durch die er schon einmal MeiHua zu Hause besucht hatte, als Kwan außer Haus gewesen war. Er schlich ins Kinderzimmer, doch das Bett des kleinen Kai war leer. Hinüber in die Schlafkammer. Nur Kwan lag im Bett, das Scheusal, von dem MeiHua ihm so viel erzählt hatte. Was hatten sie mit MeiHua und Kai angestellt? Wut und Verzweiflung stieg in ihm auf. Ein Knurren entfuhr ihm, daß Kwan aufweckte.
„Wo sind MeiHua und das Kind?“, schrie er Kwan an. Der schrie nur zurück und griff zum DaDao, der über dem Bett hing. Yaos Wut kannte keine Grenzen. Seine YamaOni-Gestalt bekam die Überhand. Während sein Körper um einen knappen Meter wuchs, seine Haut blau und seine Haare lang und feuerrot wurden, fuhr schon die magische Energie in seine Muskeln, die YamaOni so schnell und gefährlich machte. Kwan schlug zu und fügte ihm eine häßliche Wunde zu. Der Schmerz steigerte seine Wut nur. Er stürzte sich auf Kwan und biß zu.
Der Kampf dauerte keine Minute, dann kehrte Ruhe ein ins blutbesudelte Schlafzimmer. Von draußen drangen Stimmen und Fackelschein in den Raum. Rasend vor Wut lief er aus dem Haus, dem Mob entgegen. „Was habt ihr mit meinem Sohn gemacht?“, schrie er ihnen entgegen. In ihren Gesichtern sah er nicht den Schrecken, den er normalerweise den Menschen einjagte. Eher so etwas wie grimmige Entschlossenheit. „Der komische Yü hatte Recht“, rief einer, „hoffen wir, daß seine andere Vermutung genauso stimmt.“ Sprach's, und warf mit einem kleinem Stück Holz nach Yao. Die anderen taten es ihm nach. Als des erste Geschoß Yao traf, durchfuhr ihn ein fürchterlicher Schmerz. Das war kein Holz, das waren Iriswurzeln! Nur fort, dachte er noch, hinfortfliegen. Doch dann wurde ihm schwarz vor Augen. Sein mächtiger Körper sank im Hagel der Wurzelstücke zu Boden, um nie wieder aufzustehen.