BjörnsRollenspielphilosophie

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Version vom 30. Juni 2014, 08:29 Uhr von Rabe (Diskussion | Beiträge) (Pen&Paper-Simulationismus im Computerzeitalter.)
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Ein Pen&Paper-Rollenspiel läßt sich auf sehr viele verschiedene Arten spielen. Jeder hat damit zwangsläufig eine andere Vorstellung, was ein Rollenspiel genau ausmacht und wie man es spielt, was das Zusammenstellen einer Gruppe untereinander kompatibler Spieler keine leichte Aufgabe macht.

Im folgenden versuche ich (Björn) zu beschreiben, wie ich persönlich Pen&Paper-Rollenspiele im allgemeinen und Midgard im besonderen spiele und (insbesondere) leite. Dies ist ein wildes Sammelsurium von ganz profanen organisatorischen Dingen über eher philosophische Überlegungen bis hin zu Plaudereien aus dem Nähkästchen. Um der daraus resultierenden Textmenge Herr zu werden, habe ich mich um eine klare Gliederung bemüht und die detaillierten Erklärungen zu einzelnen Thesen hinter "Ausklappen"-Links versteckt, so daß man sie nur bei Interesse zu sehen bekommt.

Als Lohn der ganzen Mühe erhoffe ich mir, daß (potentielle) Mitspieler meine Herangehensweise verstehen und einschätzen können und so einen recht guten Eindruck von der Kompatibilität unserer Spielweisen bekommen.

Regelreiche vs. regelarme Rollenspielsysteme

Dieses und das folgende Kapitel mögen recht rollenspieltheoretisch daherkommen. Ich möchte sie aber nicht als rollenspieltheoretische Abhandlungen verstanden wissen (diesen Anspruch könnte ich gar nicht einlösen). Es geht mir primär um die Erklärung meiner persönlichen Motivationen und Herangehensweisen und nicht so sehr um allgemeine Anwendbarkeit.

Zwei verschiedene Spielkategorien - und ich mag sie beide.

Bei all den Arten, wie man ein Rollenspiel betreiben kann, habe ich durchaus unterschiedliche Vorlieben, die z.T. sogar miteinander im Widerspruch stehen, so daß sich nicht unbedingt alle Vorlieben im selben Spiel befriedigen lassen. Bei mir haben sich zwei Extreme herauskristallisiert: Auf der einen Seite ein sehr freies, regelarmes, im Extremfall faktisch regelloses Rollenspiel, auf der anderen ein regelreiches Rollenspiel mit umfangreichen und komplexen Regelwerk. (Man könnte es auch "regellastig" nennen, aber ich will ganz ausdrücklich die negative Wertung, die in diesem Begriff steckt, vermeiden.) In Zeiten, in denen ich bei mehreren Gruppen gleichzeitig mitgespielt habe, war es durchaus so, daß die eine regelarm und die andere regelreich spielte. Man könnte durchaus behaupten, daß ich dann eigentlich zwei verschiedene Spiele gespielt habe, die ganz unterschiedliche Interessen bedient haben und eher zufällig beide in die Kategorie "Rollenspiel" fielen.

Ein Rollenspielthoretiker wäre jetzt sicherlich versucht, meine persönlichen Erfahrungen mit dem GNS-System zu interpretieren. Man könnte sagen, daß ich in meinen regelarmen Runden dem Narrativismus gefrönt habe und daß die regelreichen Runden den Simulationismus als Priorität hatten. Interessanterweise kann ich mich auch für Gamismus begeistern, nur lebe ich diesen "Trieb" dann bei Brettspielen aus. Im Rollenspiel steht er bei mir im Hintergrund.

Einen Mittelweg gibt es nicht.

Für mich ist es "wahre Kunst", wenn ein und dieselbe Sache es vermag, viele unterschiedliche Aspekte in sich zu vereinigen, unterschiedliche Herangehensweisen zu erlauben und unterschiedliche Bedürfnisse zu befriedigen. Von Natur aus tendiere ich zum "goldenen Mittelweg" und zu "guten" Kompromissen, von denen alle etwas haben. Das ideale Rollenspiel würde all die verschiedenen Erwartungen einer Gruppe von Spielern gleichermaßen bedienen. Leider ist dies meiner Erfahrung nach nicht möglich. Allein schon meine eigenen Erwartungen als einzelner Spieler kann ich nicht alle gleichzeitig erfüllen, von einer ganzen Gruppe unterschiedlicher Individuen ganz zu schweigen.

Reduziert man das Problem auf die eben beschriebenen Extreme regelreiches vs. regelarmes Rollenspiel, zeigt sich sehr schön, wie problematisch es ist, eine Art Mittelweg zwischen den beiden Extremen zu gehen. "Das Beste aus beiden Welten" ist schwierig im gleichen Spiel zu haben. Eher vereint man die Nachteile und Probleme beider Ansätze. Außerdem sehe ich eine "natürliche" Tendenz, sich dem einen oder anderen Extrem anzunähern, statt irgendwo in der Mitte zu verweilen. Es wird wohl kein regelreiches System geben, für das nicht in Internetforen, Fanzines, Zeitschriften, Quellenmaterial etc. immer noch viele weitere Zusatzregeln angeboten werden, um das ohnehin schon reichhaltige Regelwerk noch weiter zu verfeinern. Fängt man allerdings andersrum an, das Regeldickicht auszudünnen, ist es schwer, irgendwo aufzuhören. Im Gegenteil, nachdem man sich von einer Menge Regeln befreit hat, wirken die übrigbleibenden erst recht als unnötiger Ballast...

Dies paßt sehr gut zusammen mit der in der Rollenspieltheorie weit verbreiteten Ansicht, daß man nicht Gamismus, Narrativismus und Simulationismus gleichermaßen und zur gleichen Zeit bedienen kann. Sehr kompakt dargestellt findet sich die Problematik in einem klassischen Artikel von Ron Edwards aus dem Jahre 1999. Dieser Artikel und die darin beschriebenen Theorien sind übrigens erst kürzlich auf meinem Radar aufgetaucht. Meine eigenen Sichtweisen sind also im wesentlichen unabhängig davon entstanden - wobei gewisse Parallelen schon hochgradig faszinierend sind: Als junger und naiver Rollenspieler war ich durchaus ein glühender Anhänger der idealistischen Hypothese, daß mit den richtigen Spielern das System unwichtig sei. Die Zweifel kamen dann Ende der 90er und mündeten 2001 in meiner radikalen Eigenentwicklung Remiros (dazu später noch mehr).

Warum Regeln? Warum keine Regeln?

Was also nun tun? "Gutes Rollenspiel" kann man sicherlich mit regelreichen wie mit regelarmen Systemen realisieren. Hier geht es nun darum, welche Ansprüche sich jeweils bedienen lassen und wo die spezifischen Stärken und Schwächen liegen.

Im Vorwort unserer Midgard-Hausregeln habe ich schon vor längerer Zeit ein paar warme Worte über den Sinn und Zweck von Regeln verloren:

Regeln sind Nebensache im Rollenspiel. In welcher Hinsicht haben Regeln überhaupt eine Berechtigung? Ein Rollenspiel ist nicht realistisch. Manchmal erweckt es den Anschein, realistisch zu sein, aber wenn man nur hinreichend genau hinschaut, ist man immer beliebig weit von der Realität (was auch immer das sein mag) entfernt. Ein Rollenspiel hat seine eigene Realität. Die Regeln dienen dazu, dem daran interessierten Spieler ein Gefühl zu geben, welchen Gesetzen diese spezielle Realität folgt. Sie dient auch dem Spielleiter, einschätzen zu können, was die Spieler für eine Erwartung von dieser Realität haben, um also zu vermeiden, daß bei den Spielern der Eindruck von Willkür oder Ungerechtigkeit entsteht. Schlußendlich sorgen die Regeln dafür, daß die Spielwelt sich (in gewissen Grenzen) "selber spielt" - das Rollenspiel erhält in Teilen den Charakter einer Simulation, vergleichbar einem simulationsbetonten Brett- oder Computerspiel. Von all dem unbeschadet bleibt die "goldene" Regel, daß der Spielleiter immer recht hat und erhaben über jede Regel ist (was selbstverständlich nur behutsam Anwendung finden sollte, da andernfalls der Zweck der Regeln ad absurdum geführt würde).

Andersrum kann man viel über meine Philosophie des regelarmen Rollenspiels erfahren, indem man sich die bereits erwähnten Remiros-"Regeln" durchliest. Nicht ohne Grund wird darin der gleiche Salm aus den Midgard-Hausregeln zitiert wie oben.

Überspitzt gesagt empfinde ich Regeln an sich als Ballast und bestenfalls Mittel zum Zweck, wobei obendrein der allerheiligste Zweck, nämlich das Rollenspiel im eigentlichen Sinne, die Regeln gar nicht braucht. Die Regeln sind also gewissermaßen ein Preis, den ich bereit bin zu zahlen, um das zu bekommen, was ich oben beschrieben habe. Der Simulationsaspekt gefällt mir vielleicht auch deshalb so sehr, weil ich mich neben dem Rollenspiel eben auch sehr für (simulationslastige) Brettspiele begeistere.

Das alles kann man nun noch wunderbar durch die Mühle der Rollenspieltheorie drehen. Da wird man dann sehen, wie viele Seelen, ach, in meiner Brust wohnen. Ziemlich klar ist für mich die Ur-Motivation des Rollenspiels der Narrativismus, während ich kaum ein begeisterter Brettspieler sein könnte ohne die Tendenz zum Gamismus. Im Simulationismus treffen sich beide Interessen. Sowohl Brettspiele wie auch Rollenspiele bekommen für mich einen ganz besonderen Kick, wenn der Simulationsaspekt ins Spiel kommt. Nun lassen sich, wie wir gelernt haben, nicht alle Aspekte reibungslos verheiraten, so sehr mir das zupasse käme. Interessanterweise kann man in meine Präambel zu den Hausregeln durchaus den Versuch hineinlesen, mit Hilfe der Regeln Gamismus und Simulationismus miteinander in Einklang zu bringen. Den Narrativismus da noch gleichberechtigt unterzubringen muß aber scheitern. So habe ich also selber mit Remiros ein extrem narrativistisches (Nicht-)System entworfen, das obendrein im wesentlichen Drama-basierte Situationsauflösung benutzt (mit leichtem Karma-Einfluß), während ich mich ebenso an einem extrem simulationistischen und Fortune-basiertem System wie Midgard erfreue. Extremer können die Gegensätze kaum sein, und die wichtige Schlußfolgerung lautet, daß man sich klar entscheiden muß, welcher Seite man in einer Kampagne Priorität einräumen will. Davon wird im folgenden noch häufiger die Rede sein.

Ich bin (k)ein Regelfetischist.

Die Bedeutung von Ausgewogenheit und Eingeschränktheit.

Regelreiches Rollenspiel im Computerzeitalter.

Warum gerade Midgard?

Autorität des Spielleiters und Spiel(er)disziplin

Spielerzahl

Organisation der Sitzungstermine

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Tod von Spielerfiguren

Quellenmaterial

Szenarion und Kampagnen